PIGEONHOLE PRINCIPLE
Stefan Klein

Installation, Invited artists: Nine Budde, Saman Pourisa, Nicolas Buenaventua, Mila Panic, Paloma Sanchez-Palencia, Claire Seringhaus, Egemen Demirci, Antonije Buric, Pia Grüter, 2019

Schränke sind unheimlich, weil man nicht weiß, was sich in diesen Monstren befindet, weil ein Schrank äußerlich nicht erkennen lässt, was sich in ihm verbirgt. Gerade der schwere Biedermeierschrank mit seinem massiven Auftreten kommt einem hier in den Sinn und steht er ja auch fast sinnbildlich für eine Periode, eine sichere und konservative Form des Lebens und Denkens. Ein Gegenentwurf dazu stellt der „Rollende Kleiderschrank für einen Junggesellen“ von Josef Pohl dar, Ursprünglich wurde er für die Ausstellung „Volkswohnung Bauhaus“ in Leipzig 1929 entwickelt. Wie viele andere Prototypen aus dieser Zeit ist der Schrank nie in Serienproduktion gegangen. Aufgrund seiner erschwinglichen Materialien, der Verarbeitung und der hohen Funktionalität, hätte er schon Anfang der 30er Jahre ein Produkt für die Massen sein können. Die politische Entwicklung dieser Zeit stellte sich jedoch formal gegen die Moderne und beförderte wieder schweres Mobiliar – Ausdruck einer verschwommenen Vorstellung von Bürgertum – ins Wohnumfeld. In Zeiten eines erstarken Nationalismus ist dies eine Tendenz die in gesellschaftlicher Sicht nun auch heute wieder gewisse Parallelen erkennen lässt. Welche Rolle spielt der Schrank - ein massives Relikt aus vergangener Zeit in der heutigen schnelllebigen und mobilen Welt? Welche gesellschaftlichen Tendenzen lassen sich hier sinnbildlich ablesen? Welche Assoziationen wecken Begriffe wie „to come out of the closet“ - sich zu outen - im Bezug zu einem Junggesellenschrank in neu-diskutierten Ausloten der Geschlechterfrage ?

Eine Gruppe an internationalen Künstler besetzt dieses Objekt und funktioniert ihn zum Ausstellungsraum um. Dabei werden sowohl auf die ungewöhnliche Form des Ausstellungsortes, dessen geschichtlicher und kultureller Kontext sowie auf die speziellen Produktionsformen der Künstler eingegangen und gezielt bestimmte Hindernisse wie räumliche und zeitliche Distanz mitgedacht.